31.10.2025
Wort zum Sonntag 43 KW/2025
Vor der Operation fülle ich den Fragebogen aus: Rauchen Sie? Trinken Sie? Nehmen Sie Drogen? Alter und Gewicht? Allergien? Diabetes? Andere Vorerkrankungen? Zahnprothesen? Atemnot beim Treppensteigen? Nur nach meinen Ängsten wird nicht gefragt. Der Arzt spürt sie trotzdem und beruhigt mich.
In mittelalterlichen Hospitälern stand eine kleine Gottesdienstkapelle im Zentrum. In Beaune, in Burgund, auch in Lübeck im Heilig-Geist-Hospital ist das noch zu sehen. Kranke führten dort ein fast klösterliches Leben: einfaches Essen, mitarbeiten, soweit es möglich war, und natürlich beten. So konnten sie zur Ruhe kommen und in Gesprächen mit den Ordensschwestern ihr Leben überdenken. Sie wurden behandelt und versorgt, bekamen Beistand in Angst und Not. Und es wurde FÜR sie gebetet: dass sie gesund werden, dass sie nicht unter Schmerzen leiden, dass Gott ihnen in der Stunde ihres Todes gnädig sei. So war es auch in Merseburg.
Im Carl-von-Basedow-Klinikum in Merseburg steht im Eingangsbereich eine Marienstatue. Die Madonna mit dem Kind auf dem Arm stammt aus dem mittelalterlichen Hospital in Merseburg. Ungezählt sind die Gebete, die an sie gerichtet wurden. Gebete der Kranken und Sterbenden, der Angehörigen und Trauernden, der Hoffenden und Dankbaren. Wenn man einen Moment vor ihr stehenbleibt und genau hinsieht, entdeckt man in der Hand des Kindes eine kleine Taube. Sie ist das Sinnbild für Gottes heiligen Geist, der uns begleitet, uns beisteht und uns tröstet. Das Hospital gibt es längst nicht mehr, aber es ist gut, zu wissen, dass wir noch heute um Beistand bitten können. Die Maria erinnert uns daran.
Monika Groß
Klinikseelsorgerin
