25.04.2022
Wort zum Sonntag 16KW/2022

„Heute schon gedankt?“ – da gibt es nichts zu danken?

Und was ist mit dem Menschen, der gerade an dir vorbeiläuft und dich so freundlich anlächelt, dass du dich fragst, ob du sie kennen müsstest?

Oft ist es eine Frage der Wahl, ob ich mich über das freue und danke, was gut ist oder mich über das ärgere, was nicht gut ist. Für zweiteres sind wir ganz schnell am Aufzählen. Da braucht es leider kein langes Nachdenken.

Letzte Woche bat ich nach meinem Großeinkauf für Ostern zwei Jugendliche, ob sie mir bitte meine Einkaufskiste ins Auto heben könnten. Mir war es zwei Tage vorher ins Kreuz gefahren. Ich bekam doch tatsächlich zu hören, „Nein, leider nicht“ und weg waren sie. Da musste ich ein paar Mal tief durchatmen. Doch bevor ich mich erneut nach Hilfe umschaute, bot mir ein Mann seine Hilfe an, der die Situation mitbekommen hatte.

Danke, Danke, Danke!

Ich hatte nun die Wahl, entweder mich über die beiden Jugendlichen aufzuregen, vielleicht mich sogar noch zu der Aussage hinreißen zu lassen – die heutige Jugend ist unverschämt. Das geht ganz schnell und leicht. Auf jeden Fall schneller und leichter, als innezuhalten und der Dankbarkeit Raum zu geben, dass mir jemand freundlich geholfen hat und dass die zwei Jugendlichen gewisslich nicht alle Jugendlichen der Welt sind.

Der Psalmbeter meint dies mit seinem Gebet: Lobet den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.

Wir sind schnell im Vergessen des Guten. Sich an das Gute erinnern zu wollen, braucht eine klare Entscheidung.

Bitte schauen Sie nach den kleinen Dankbarkeiten im Alltag. Wir brauchen sie dringend, damit wir nicht an der Not und dem Leid der Welt zerbrechen, sondern dankbar und dadurch kraftvoll und liebesfähig unsere Welt zum Guten verändern.

Christiane Kellner, Superintendentin im Kirchenkreis Merseburg