05.08.2022
Wort zum Sonntag 30KW/2022

Wie eine Muschel

Als ich noch im Norden gewohnt habe, gab es keinen Strandbesuch, ohne dass ich ein Glas voll Muscheln gesammelt hätte. Auch bei unserer Hochzeit gab es viele selbstgesammelte Muscheln als Tischdeko.
Und bei einer Muschel ist es ja so, dass das, was wir sammeln, eigentlich nur die Schutzhülle ist. Die Muschel selbst ist ja ganz weich und empfindlich. Wir kennen das von der Auster. Die eigentliche Muschel lebt geschützt zwischen den beiden Kalkschalen.
Und wenn wir als Menschen eine lebendige Muschel wären, dann wäre Gott die Schale um uns herum.
Gott als unsere Schale würde immer mit uns mitkommen, egal wohin wir gehen oder wo wir uns festsetzen.
Er ist bei uns, wenn wir an einem großen Schiff kleben und durch die Welt fahren.
Er lässt uns nicht allein, wenn wir unser Leben lang am selben Steg wohnen.
Jetzt könnte man meinen: „Das ist ja mega langweilig.“
Aber ich glaube, für die Muscheln ist es ein schönes Leben. Sie sind sicher und geborgen, das Essen kommt vorbeigeschwommen und es sind meistens viele auf einem Haufen.
Wenn wir Menschen erwachsen werden, haben wir die Wahl.
Bleiben wir zwischen den beiden Muschelschalen bei Gott oder wollen wir unser Leben außerhalb der schützenden und stützenden Kalkhälften verbringen.
Doch wie bei den echten Muscheln ist es auch für uns besser, wir bleiben in unserem kindlichen Vertrauen ganz nah bei unserem Schöpfer.
Denn dann werden wir nicht eines Tages getrennt von unseren Schalen an den Strand gespült und von Touristen in ein Glas eingesammelt. Wenn wir es ihm erlauben, bleibt er auch nach unserem Leben hier in diesem Weltmeer für immer mit uns verbunden.

Pfarrerin Tatjana Eggert
Pfarrbereich Mücheln-Langeneichstädt