20.11.2020
Wort zum Sonntag 47KW/2020

Der verordnete Stillstand

Im November zeigt sich die Natur von ihrer kargen, grauen Seite. Der verordnete Stillstand, Todesstrukturen, Todesnachrichten - sie stutzen das Leben zurück. Gleichzeitig ehren wir unsere Verstorbenen durch Tannengrün und ewige Lichter auf den Gräbern. Wem der Tod erst unlängst einen Menschen genommen hat, der geht mit schweren Herzen auf den Friedhof.
Wie in jedem Jahr im November bleibe ich an diesem Wort des 90. Psalms hängen: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf das wir klug werden.“ oder wie es in einer anderen Übersetzung heißt, „ein weises Herz gewinnen“. Wie gewinnt man aber ein weises Herz? Seit dem Virus erleben wir verstärkt, wie viele Dinge nicht unter menschlicher Kontrolle stehen und wie wertvoll zugleich die Freiheit ist.
Wir wollen gut und selbstbestimmt leben, aber stoßen wieder und wieder an Grenzen. Den Willen zum Leben tragen wir in uns, den Tod allerdings genauso. Er gehört zum Leben, zu unserem wie dem Leben der Menschheit. Immer wieder bewegen mich diese Fragen: Woher komme ich? Warum ist mein Leben, ja bin ich selbst so und nicht anders? Wohin gehe ich?
Vielleicht bringt mir der diesjährige Gang auf den Friedhof und zu den Gräbern erneut etwas Klug- oder Weisheit. In der Zwiesprache mit meinen Verstorbenen, durch das Lesen mancher Inschriften hoffe ich, über das Leben und den Tod abermals belehrt zu werden.
Dafür bin ich diesen Tagen im November, die Allerseelen, Ewigkeits- oder Totensonntag heißen, jedes Jahr dankbar. Denn es sind Tage zur lebendigen Erinnerung und für die großen Fragen des Lebens und des Glaubens.
Pfr. Falko Schilling (Querfurt)