06.02.2023
Wort zum Sonntag 06KW/2023

Mit Gottes Augen schauen

Das Leben ist ungerecht! Manchmal jedenfalls. Vergleiche ich mich mit anderen, dann ist es gar nicht schwer, unzählige Dinge zu finden, die andere haben und ich nicht. Vergleichen ist übrigens ein guter Weg, sich selbst unglücklich zu machen - ich werde neidisch und nörgelig und missgönne Anderen ihr Glück. Was ich selbst eigentlich alles habe, rückt schnell in den Hintergrund.

In der Bibel erzählt Jesus ein Gleichnis: ein Weinbergbesitzer geht morgens zu Beginn des Arbeitstages zum Markt und wirbt für den Lohn eines Silberstücks Arbeiter für die Ernte an. Vormittags stellt er noch weitere Arbeiter ein, ebenso mittags, nachmittags und sogar noch eine Stunde vor Feierabend. Bei der Auszahlung beginnt er mit den zuletzt Eingestellten: sie erhalten ein Silberstück. Die anderen erwarten dann natürlich, entsprechend mehr zu bekommen. Aber sie erhalten alle, wie vereinbart, ein Silberstück. Auch die, die ganz früh angefangen haben zu arbeiten. „Ungerecht!“, rufen sie – obwohl sie genau das bekommen haben, was ihnen zu Beginn des Tages versprochen wurde. Daraufhin fragt der Weinbergbesitzer: „Warum bist du neidisch? Weil ich so großzügig bin?“

Wenn es mir gelingt, auf das zu schauen, was ich geschenkt bekomme und darüber zu staunen, dann spüre ich Dankbarkeit. Ich werde frei und kann den Blick von mir selbst ab- und dem Anderen zuwenden. Kann versuchen, ihn mit Gottes Augen zu sehen. Nicht zuerst danach zu fragen, was er verdient hat, sondern was er braucht. Die Bibel nennt das Barmherzigkeit. Ich könnte mir vorstellen, dass das ein Weg ist, auf dem nicht nur ich zu einem glücklichen Menschen werde.

 

Pfarrerin Theresa Dürrbeck
Beauftragte für die Arbeit in Kindertagesstätten

Foto von Theresa Dürrbeck