12.06.2020
Wort zum Sonntag 12/2020

»Vom Aufgang der Sonne …

… bis zu ihrem Niedergang sei gelobet der Name des Herrn!« Dieses Tischgebet war Wochen lang Favorit an unserem Familientisch. Wenn mein Sohn es anstimmte, streckte er seine Arme freudvoll gen Himmel und ich bemühte mich lächelnd mitzusingen. Nach einiger Zeit konnte ich das Lied nicht mehr hören, aber er sang es Woche für Woche kräftiger. Oft genug fragte ich mich: Wofür preist er eigentlich? Gerade noch waren wir über kleine Alltäglichkeiten aneinander geraten und auch im Kindergarten hatte es heute Streit gegeben – kein Grund für Jubelgesang.
Das Tischlied ist ein Zitat aus Psalm 113 – ein Psalm der vor Jubel strotzt. In dem kurzen Lied taucht das „Halleluja“ fünfmal auf, so werden die großen Taten des Herrn gepriesen. Kaum Auszuhalten dieser uneingeschränkte hymnische Lobgesang. Er bezieht sich auf die Hilfe Gottes für die, die es schwer haben. Der Psalm sagt nicht, dass es das Schwere nicht gibt. Aber er sagt, dass Gott hindurch tragen will und stellt Worte des Dankes und Lobes bereit.
Mein Sohn singt das Lied im Angesicht des reich gedeckten Tisches. Aller Ärger tritt in den Hintergrund. Es ist gar nicht so einfach alles Schwere einen Moment beiseitezuschieben: Streitigkeiten, Lügen, Einsamkeit … All das vergessen und sich auf das Gute besinnen: Der blühende Garten, die freundlichen Worte, der reich gedeckte Tisch … Das Schwere verschwindet nicht, aber das Schöne im Leben drängt sich in den Vordergrund. Psalm 113 fordert uns auf, sich darauf zu besinnen und auch einmal zu singen »Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobet der Name des Herrn!«
Christiane Reschke
Vikarin im Pfarrbereich Braunsbedra