22.11.2019
Wort zum Sonntag 17/2019

„Lehre uns unsere Tage zählen, dass wir ein weises Herz gewinnen.“ (Ps 90,12)

Am Toten- und Ewigkeitssonntag drängt sich etwas auf, dass wir lieber verdrängen: „Lehre uns unsere Tage zählen, dass wir ein weises Herz gewinnen.“ (Ps 90,12) Aber wie geht das? Geht es überhaupt!?
„Was soll sich denn ändern im Leben, wenn wir an den Tod denken? – fragt P. Noll in seinen „Diktaten von Sterben & Tod“ und antwortet: „Vieles, nicht alles. Wir werden ein weiseres Herz gewinnen, wie der Psalmist sagt. Wir werden sorgfältiger umgehen mit der Zeit, sorgfältiger mit den anderen, liebevoller, geduldiger - und vor allem freier. Niemand kann uns mehr nehmen als das Leben, und dieses wird uns ohnehin genommen!“
Ist der Tod besser als sein Ruf? Vielleicht kann uns der Gedanke an ihn befreien und wirklich innerlich erlösen. Dann werden die Zwänge der vermeintlichen Bedürfnisse, die Statussymbole und Konventionen mehr und mehr gleichgültig und wir können z.B. einfach sagen, was wir denken und leben, wie wir es wollen – ohne Rücksicht auf die, die uns das vorschreiben wollen. „Ehe denn die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen wurden, bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit.“(Ps 90,2) Und: „Lehre uns unsere Tage zählen, dass wir ein weises Herz gewinnen.“ Ich bin, so wie ich jetzt bin, nicht unendlich – Gott sei Dank! Umso kostbarer ist dieses Leben, das ich geschenkt bekommen habe.
Jeder Tag hat Wert und Gewicht. Und so kann ich getrost auch im heute leben. Vor mir waren Jahrmillionen und nach mir werden auch noch Jahrmillionen kommen. Aber zwischendrin schenkt Gott mir Zeit zum Leben. Und das ist mehr, als nicht zu leben.

Falko Schilling
Pfarrer im Kirchspiel Querfurt