Sep 2, 2025
Wort zum Sonntag 35 KW/2025
„Spinnen die denn vollkommen? Die sind doch völlig aus der Zeit gefallen!“ entfährt es mir als ich bei 35°C im Schatten die ersten Weihnachtsstollen im Laden entdecke.
„Ganz schön unmodern“ kommentiert eine Jugendgruppe den Bibelspruch für die kommende Woche. Da steht: „Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.“ (1. Petrusbrief 5,5)
Wir beginnen zu diskutieren. Was braucht es eigentlich, um auf der Höhe der Zeit zu sein? Für Weihnachtsgebäck mag es noch eine einfache Antwort geben: Advent, Weihnachtsstimmung und am liebsten Schnee. Aber wie verhält es sich mit Lebenseinstellungen? Ist da „modern und zeitgemäß“ zu sein überhaupt die richtige Fragestellung? Und plötzlich landen wir mitten in einer Geschichte, in der alle und alles im Aufbruch ist: Die kleine Patchworkfamilie mit der jungen Maria, schwanger, aber nicht von Josef. Der hält tapfer zu ihr und ihrem Kind. Die Hirten draußen in der Kälte, denen es auf einmal hell vom Glanz der Engel wird und die loslaufen, das kleine Kind zu sehen. Und schließlich die Sterndeuter aus fernen Ländern, die einem Stern folgen, einer Hoffnung, die Grenzen überschreiten und dann das Ersehnte in einem zugigen Stall finden.
Dort knieten sie nieder. Sie alle fanden das Göttliche in einem kleinen hilflosen Kind.
Vielleicht ist der Bibelspruch gar nicht so altmodisch. Es braucht Weisheit und Mut, aufzubrechen und die Würde eines jeden Menschen zu entdecken. Es braucht Tapferkeit, für die Würde derer einzustehen, die keine Stimme haben. Und wenn ein Weihnachtsstollen im Hochsommer daran erinnert, wünsche ich guten Appetit.
Pfarrerin Susanne Mahlke
Merseburg